Trotz zweier wichtiger Themen keine erhöhte Mobilisierung
Trotz drängender Themen wie Altersvorsorge und Umweltschutz blieb die Stimmbeteiligung am heutigen Abstimmungssonntag mit nur 45 Prozent unter den Werten der vergangen Abstimmungen zurück – hohe Komplexität, Unsicherheiten und mangelnde Aufbruchsstimmung prägten den Abstimmungskampf.
In den beiden nationalen Vorlagen konnten sich die Schweizer:innen zu zwei wichtigen Themen äussern. Die Altersvorsorge ist traditionell ein zentrales Thema für die Schweizer Stimmbevölkerung, dazu kommt mit dem Umweltschutz ein zweites Thema, das früher oder im Kontext von Klima-Abstimmungen durchaus zu mobilisieren vermochte. Am heutigen Abstimmungssonntag bleibt die Stimmbeteiligung mit 45 Prozent* allerdings trotzdem leicht unter dem Mittelwert der vergangenen Jahre zurück. Während der Abstimmungskampf zur BVG Reform durch Unsicherheiten und die hohe Komplexität der Vorlage geprägt wurde, gelang es den Befürworter:innen der Biodiversitätsinitiative nicht, eine enthusiastische Mitmachstimmung zu entfachen. In dieser Konstellation resultierte somit eine verhaltene Mobilisierung bei der über die Hälfte der Stimmberechtigten am heutigen Abstimmungssonntag zu Hause blieben.
Komplexität der Vorlage und Verunsicherung zu den Zahlen
Abstimmungen zur Altersvorsorge brachten in der Vergangenheit die Stimmberechtigten häufig in Scharen an die Urne. Zuletzt nahmen zum Beispiel an der Abstimmung zur 13. AHV Rente im März 2024 58 Prozent der Stimmberechtigen teil. Heute liegt der Wert mit 45 Prozent* deutlich darunter. Im Abstimmungskampf zur heutigen BVG Reform herrschte immer wieder grossen Diskussionsbedarf was die Reform für wen genau bedeuteten würde, wer profitiert und wer verliert bei einer Annahme. Diese hohe Komplexität der Vorlage an sich wurde gepaart mit der Unsicherheit zu öffentlich kommunizierten Zahlen. Zweifel an den Zahlen wurden durch die Kommunikation des Rechnungsfehler bei der AHV noch zusätzlich befeuert. Die Gegenkampagne nahm diese Unsicherheit auf und der für Behördenvorlagen elementare Vertrauensvorschuss von Bundesrat und Parlament erodierte. Im Klima dieser Unsicherheit sowie dem fehlenden Vertrauen gegenüber den Behörden blieben die Stimmberechtigten heute häufiger als früher beim Thema Altersvorsorge den Urnen fern.
Das Thema Biodiversität brennt gerade im linken politischen Lager durchaus unter den Nägeln, dennoch vermochten die Initiant:innen nicht, eine Mitmachkampagne zu lancieren und so die Stimmbevölkerung mitzureissen, wie es zum Beispiel diesen März den Initiant:innen der Initiative zur 13. AHV Rente gelang. Umweltschutzthemen ohne direkten Bezug zum Klima-Thema haben es weiterhin schwer.
Initiativen sind oft auf höhere Stimmbeteiligung angewiesen
In der heutigen Themen- beziehungsweise Kampagnenkonstellation konnte sich einmal das linke Lager mit dem erfolgreichen Referendum gegen die BVG-Reform und einmal das rechte Lager mit der Ablehnung der Biodiversitätsinitiative durchsetzen. Gerade Initiativen haben häufig einen schweren Stand, wenn es den Befürworter:innen nicht gelingt, eine Aufbruchsstimmung in weiten Teilen der Stimmbevölkerung zu erschaffen. In der noch jungen aktuellen Legislatur (2023 – 2027) konnten sich nach dem heutigen Abstimmungssonntag 50 Prozent der Referenden (bei bisher zwei Referenden) und 17 Prozent der Initiativen (bei bisher sechs Initiativen) durchsetzen. Die Erfolgsquote der Opposition liegt somit total bei 25 Prozent. Die Werte nähern sich also wieder etwas den Grössenordnung vor der letzten Legislatur an.