Bilaterale schon vor Zollhammer im Zeichen der US-Zollpolitik
Eine klare Mehrheit der Stimmberechtigten würde sich zum jetzigen Zeitpunkt für die bestehenden Verträge mit der EU aussprechen. Auch die Vorteilssicht gegenüber den Bilateralen ist nach einem temporären Rückgang im Januar 2025 im Juli wieder auf dem Niveau von 2024. Gerade die wahrgenommene Wichtigkeit des Zugangs zu Exportmärkten wächst angesichts der aktuellen internationalen Wirrungen.
Bild mit KI generiert
Die Bilateralen geniessen erneut ein hohes Mass an Zustimmung. Rund zwei Drittel der Bevölkerung beurteilen sie überwiegend positiv, wobei vor allem ökonomische Faktoren ins Gewicht fallen. Der Zugang zu Exportmärkten und die Erwartung, dass die Abkommen den Wohlstand sichern, gelten als zentrale Vorteile. Während die Unterstützung im linken und bürgerlichen Lager stabil bleibt oder gar zunimmt, überwiegt im SVP-Lager erstmals seit Beginn der Erhebungen eine knappe Mehrheit mit einer negativen Haltung. Unterschiede zeigen sich zudem nach Sprachregionen und Altersgruppen: In der Deutschschweiz sowie bei älteren Befragten fällt die Zustimmung besonders hoch aus.
Die einzelnen Anpassungen an den bestehenden Verträgen werden differenziert beurteilt. Sehr breite Zustimmung finden die EU-Kompromisse im Bereich der Ausschaffung krimineller EU-Bürger:innen, beim Lohnschutz und bei der Zuwanderungskontrolle. Ebenfalls positiv aufgenommen werden die Wiederaufnahme der Schweiz in europäische Forschungsprogramme sowie die gegenseitige Anerkennung von Produktionsvorschriften. Deutlich zurückhaltender reagiert die Bevölkerung hingegen auf den Solidaritätsbeitrag und die Unionsbürgerrichtlinie, die vor allem in der Anhängerschaft der SVP auf Widerstand stossen. Damit zeigt sich ein klares Muster: Wirtschafts- und forschungsbezogene Anpassungen werden klar befürwortet, während soziale und finanzielle Verpflichtungen kontrovers bleiben.
Auch das neu geschnürte Paket als Ganzes stösst insgesamt auf mehrheitlich positive Resonanz. Besonders die neuen Abkommen im Gesundheits- und Strombereich werden klar unterstützt, während das Lebensmittelabkommen lediglich eine knappe Mehrheit erreicht. Befürworter:innen der bestehenden Verträge betonen die Bedeutung von Stabilität, Wettbewerbsfähigkeit und Kooperation in einem unsicheren internationalen Umfeld. Kritische Stimmen verweisen dagegen auf die zahlreichen Kompromisse und den Einfluss von EU-Regeln. Entlang der Parteigrenzen zeigt sich ein deutliches Muster: Während Anhänger:innen von Grünen, SP, GLP, Mitte und FDP die bestehenden Verträge mehrheitlich unterstützen, lehnt es die SVP-Anhängerschaft deutlich ab.
In der Einschätzung der handelspolitischen Prioritäten bleibt die EU klar wichtigste Partnerin der Schweiz. Für die grosse Mehrheit der Bevölkerung steht sie mit deutlichem Abstand an erster Stelle, während die USA, womöglich gerade wegen den internationalen Unsicherheiten, nur eine Nebenrolle spielen. Lediglich im SVP-Lager messen Teile der Stimmbevölkerung den USA eine vergleichsweise grössere Bedeutung bei. Diese Einschätzung unterstreicht die zentrale wirtschaftliche Relevanz Europas für die Schweiz, macht jedoch auch sichtbar, dass dennoch gewisse politische Unsicherheiten im Umgang mit internationalen Partnern bestehen.
Die Ergebnisse stammen aus einer repräsentativen Befragung von 1’030 Stimmberechtigten in der Schweiz. Die Erhebung wurde vom Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag von Interpharma durchgeführt. Sie fand zwischen dem 21. Juli und 3. August 2025 statt. Der maximale Stichprobenfehler beträgt ±3.1 Prozentpunkte bei einem 95 Prozent Konfidenzintervall.
Mehr Details zur Studie sind im Online-Cockpit einsehbar.