Mobilisierung für Liegenschaftssteuern beeinflusst das knappe Resultat zur E-ID

28.09.2025 | Corina Schena, GFS Bern

Am Abstimmungssonntag vom 28. September 2025 entschieden die Schweizer Stimmberechtigten über zwei Behördenvorlagen. Während das Resultat zur Vorlage über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften (Eigenmietwert) rasch klar war und gemäss unserer Hochrechnung im Auftrag der SRG ein deutliches Ja resultierte, blieb der Ausgang zur E-ID-Vorlage bis zuletzt spannend. Erst wenige Stimmen aus städtischen Regionen gaben hier letztlich den Ausschlag zugunsten eines knappen Ja.

Hintergrund zu den Vorlagen

Die erste Vorlage, der Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften, schafft die Grundlage für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Zentral ist die Abschaffung des Eigenmietwerts: Eigentümer:innen müssten ihre selbst bewohnten Liegenschaften nicht länger als Einkommen versteuern. Gleichzeitig würden zahlreiche Abzugsmöglichkeiten eingeschränkt.

Die zweite Vorlage betrifft das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis (E-ID-Gesetz). Es sieht die Einführung einer staatlich betriebenen E-ID vor, mit der sich Bürger:innen künftig online sicher gegenüber Behörden und Unternehmen ausweisen können. Die Nutzung soll freiwillig und kostenlos sein.

Die Vorlage zu den Liegenschaftssteuern verfügte sowohl über deutlich umfangreichere Kampagnenmittel als auch über eine höhere Medienpräsenz.

 

Ein deutliches Ja und ein hauchdünnes Ja

Die Resultate zeigen ein kontrastreiches Bild: Die Vorlage zu den Liegenschaftssteuern nimmt die Stimmbevölkerung deutlich an. Ganz anders die Situation bei der E-ID: Hier war das Rennen bis zum Schluss äusserst knapp. Auffällig ist dabei ein starker Stadt-Land-Graben: Während urbane Regionen mehrheitlich zustimmten, stiess die Vorlage in ländlichen Gebieten auf grosse Skepsis.

 

Grosse Mobilisierungsunterschiede

Erste Analysen weisen darauf hin, dass die hohe Zustimmung zur Liegenschaftssteuern-Vorlage gleichzeitig eine Dynamik erzeugte, die der E-ID beinahe zum Verhängnis wurde. In ländlichen, konservativen Regionen führte die starke Mobilisierung dazu, dass auch viele Skeptiker:innen der E-ID an die Urne gingen.

Ein weiteres zentrales Merkmal dieses Abstimmungssonntags ist die hohe Stimmbeteiligung. Im Vergleich zu den vergangenen fünf eidgenössischen Abstimmungssonntagen lag sie insgesamt deutlich höher. Besonders in den ländlichen Kantonen der Deutschschweiz war die Beteiligung überdurchschnittlich, während die Romandie eine vergleichsweise geringe Mobilisierung zeigte.

Fazit: Eine Kombination mit Sprengkraft

Der 28. September zeigt eindrücklich, wie stark die Kombination zweier sehr unterschiedlicher Vorlagen den Abstimmungssonntag prägen kann. Das klare Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts und das hauchdünne Resultat bei der E-ID sind nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in direkter Wechselwirkung. Die Vorlage zu den Liegenschaftssteuern mobilisierte vor allem im rechts-konservativen Lager in ländlichen Regionen. Sie unterstützten zwar mehrheitlich die Reform bei der Wohneigentumsbesteuerung, brachte aber gleichzeitig eine starke Skepsis gegenüber der E-ID an die Urne.

Damit wird deutlich: Die Themenwahl und -kombination bei Abstimmungen hat das Potenzial, überraschende Dynamiken auszulösen. Mobilisierungseffekte aus einem Lager können eine zweite Vorlage ins Wanken bringen.


Sie haben Fragen zu diesem Beitrag? kontaktieren Sie unsere Expertin oder unseren Experten zu Hintergründen, Einordnungen sowie den eingesetzten Methoden und Modellen.

Corina Schena

Corina Schena

Projektleiterin