Ambulant vor stationär: Prozessanpassungen ohne strategische Verankerung
Die FMH-Begleituntersuchung 2025 zeigt: Die Ambulantisierung im Schweizer Gesundheitswesen schreitet zwar voran, bleibt aber meist auf Prozessebene stehen. Gleichzeitig bleibt der Fachkräftemangel ein zentrales Problem – trotz leichter Entspannung in einzelnen Bereichen.
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Die Ambulantisierung ist in vielen Spitälern ein präsentes Thema. Besonders in der Akutsomatik geben zwei Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte an, dass der Wandel stark diskutiert wird. Dennoch fehlt in vielen Häusern eine klare strategische Verankerung: Nur rund ein Fünftel der Befragten sieht eine explizite Strategie, während 40 Prozent nicht wissen, ob eine solche überhaupt existiert. In der Praxis bedeutet dies, dass Veränderungen häufig auf Prozessebene bleiben – etwa durch neue Abläufe oder ambulante Zentren –, ohne dass sie in eine übergeordnete Struktur eingebettet sind.
Ärztinnen und Ärzte wenden weiterhin viel Zeit für administrative Aufgaben auf. Besonders in der Psychiatrie ist der Dokumentationsaufwand nochmals gestiegen. Vorgaben von Behörden und Versicherungen beanspruchen einen beträchtlichen Teil der Arbeitszeit. In der Rehabilitation beträgt der tägliche Aufwand durchschnittlich 67 Minuten, in der Akutsomatik 35 Minuten. Der Grossteil der Belastung entsteht durch Abklärungen zu Rechnungen und Berichte für Versicherungen.
Die Versorgungsqualität wird von einer Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte weiterhin als gut beurteilt. Gleichzeitig wächst jedoch die Kritik an Entlassungszeitpunkten: Immer häufiger werden Patientinnen und Patienten aus Sicht der Befragten entweder zu früh oder zu spät entlassen. Diese Einschätzung zieht sich durch alle Fachbereiche. Besonders in der Psychiatrie berichten viele von steigenden Sparvorgaben und zunehmender Ausrichtung auf Gewinnoptimierung.
Die Arbeitszufriedenheit zeigt sich leicht verbessert, insbesondere in der Akutsomatik. In der Psychiatrie bleibt sie mit 74 Prozent jedoch am tiefsten. Der Fachkräftemangel bleibt weiterhin kritisch: Zwar geben wieder mehr Befragte an, dass genügend Kolleginnen und Kollegen verfügbar sind, doch liegt der Anteil mit etwas über der Hälfte tief. Besonders problematisch bleibt die Rekrutierung von Fachpersonal.
Innerhalb der Teams wird die Zusammenarbeit wieder etwas positiver beurteilt – insbesondere im Hinblick auf Fehlerkultur und Führung. Über Abteilungs- und Institutionsgrenzen hinweg zeigt sich jedoch ein gegenteiliger Trend. Besonders schwierig ist die Kooperation mit Krankenkassen sowie mit Rehabilitations- und psychiatrischen Einrichtungen.
Die Befragung zum ärztlichen Arbeitsumfeld wurde von gfs.bern im Auftrag der FMH durchgeführt. Zwischen dem 8. Mai und dem 29. Juni 2025 wurden 1’532 Ärztinnen und Ärzte aus der ganzen Schweiz online befragt. Die Stichprobe umfasst 1’062 Personen aus der Akutsomatik, 74 aus der Psychiatrie, 66 aus der Rehabilitation und 330 praxisambulant Tätige. Die Erhebung basiert auf einer geschichteten Zufallsauswahl mit Quotenkontrolle. Der statistische Fehler beträgt ± 2,5 Prozentpunkte bei 50/50-Verteilungen.
Mehr Details zur Studie finden Sie im Online-Cockpit auf deutsch und französisch.