Erbschaftssteuer ohne Chance: Noch weniger Zustimmung als vor zehn Jahren
Am 30. November 2025 hat das Stimmvolk die „Initiative für eine Zukunft“ (Erbschaftssteuer) klar abgelehnt – und zwar noch deutlicher als vor zehn Jahren, als eine Erbschaftssteuer vor das Volk kam: Gemäss unseren Hochrechnungen wird die Initiative für eine Zukunft mit 21 Prozent Ja-Anteil klar abgelehnt. 2015 lag der Ja-Anteil bei 29 Prozent.
Beim Blick auf den Prädispositionsansatz zeigt sich bei der „Initiative für eine Zukunft“ das klassische Muster vieler Volksinitiativen: Zu Beginn ist die Unterstützung oft höher, weil das Problembewusstsein stärker im Vordergrund steht als die konkret vorgeschlagene Lösung. Mit zunehmender Kampagnendauer setzen sich die Zweifel durch, weil die Probleme der vorgeschlagenen Lösung immer stärker das Bild prägen. Dann wächst der Nein-Anteil kontinuierlich. Das zeigte sich auch hier deutlich: Am 10. Oktober wären noch 35 Prozent für die Initiative gewesen, am 8. November 30 Prozent. In der Hochrechnung vom Abstimmungssonntag verbleiben davon nur noch 21 Prozent Ja-Stimmen. Sehr früh richtete sich der Blick weg von Klima- und Gerechtigkeitsaspekten der Initiative hin zur Gefährderung der Familienunternehmen. Ausserdem haftete der Initiative das Etikett «extrem» an.
Die Juso-Initiative zielte auf Superreiche – ab 50 Millionen CHF Vermögen sollte eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent gelten. Doch der Konflikt drehte rasch zu den Familienunternehmen: Die Sorge, dass Betriebe bei der Übergabe zu Hälfte besteuert würden, fand breite Resonanz. FDP, SVP, Die Mitte, GLP sowie Wirtschaftsverbände, Bundesrat und Parlament warnten geschlossen vor Standortschäden. Gemäss unseren Einschätzungen und Hochrechnungen blieb die Zustimmung schliesslich im klar linken Lager. Es zeigten sich nur geringe regionale Unterschiede. Selbst die Romandie, sonst offener für Umverteilungsanliegen, folgte dem landesweiten Nein-Trend.
Kampagne: Asymmetrisch, emotional, entschieden
Der Abstimmungskampf war politischer als jener zur Service-citoyen-Initiative, aber von klarer Asymmetrie geprägt: Die Nein-Seite verfügte über ein massiv höheres Budget, setzte früh das Framing „Juso-Initiative“ und „Gefahr für Familienbetriebe“ und dominierte die mediale Arena. Die Ja-Kampagne blieb isoliert; Klimabezug und Gerechtigkeitsargumente verfingen kaum. Selbst im linken Lager scheint die Mobilisierung verhalten gewesen zu sein.
Wie geht es weiter?
Das Resultat ist eine weitere Absage an das Thema Erbschaftssteuer. Umverteilungsvorlagen bleiben in der direkten Demokratie nur mit moderaten, breit abgestützten Konzepten mehrheitsfähig. Die Initiative stellte das Thema zwar erneut zur Diskussion, doch politisch überwiegt der Eindruck, dass selbst abgeschwächte Varianten derzeit kaum Chancen hätten.
Wie das Nein bei der Service-citoyen-Initiative zu interpretieren ist, finden Sie hier: Erklärung zum Nein der Service-citoyen-Intiative