Vorgeschlagenes Tiefenlager für radioaktive Abfälle geniesst aktuell mehrheitliche Akzeptanz

06.02.2024 | gfs.bern im Auftrag der Nationalen Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra

Mehrheiten in der Gesamtschweiz, wie auch in der betroffenen Region zeigen Bereitschaft, sich mit einem Tiefenlager in der eigenen Umgebung zu arrangieren. Insbesondere trauen auch klare Mehrheiten in der Bevölkerung den Fachpersonen die technische Lösung des Problems des radioaktiven Abfalls und den Behörden die politische Umsetzung dieser Lösung zu. In der direkt betroffen Bevölkerung Nördlich Lägerns sind die Vertrauenswerte nahezu identisch.

Nördlich Lägern, möglicher Standort für ein Tiefenlager von radiaoktiven Abfällen

Nördlich Lägern

Mit dem Tiefenlager werden sowohl Chancen als auch Herausforderungen erwartet

Obwohl nur eine Minderheit der Bevölkerung einen wirtschaftlichen Nutzen für die Standortregion erwartet, halten es grosse Teile der Befragten für wahrscheinlich, dass ein Endlager für zusätzliche Einnahmen (83% sehr/ziemlich wahrscheinlich) und dauerhafte Arbeitsplätze (76%) sorgen würde. Auch dass ein Endlager zu Verbesserungen der Infrastruktur (60%) und Impulsen für das Gewerbe führt (51%), hält jeweils eine Mehrheit für möglich. Positive Auswirkungen auf das Gastgewerbe und den Handel (33%) sowie ein Bevölkerungswachstum (22%) halten nur wenige für realistisch.

Allerdings wird durchaus Kritik erwartet: Jeweils rund drei Viertel halten Spannungen in der Bevölkerung der betroffenen Region (77% sehr/ziemlich wahrscheinlich) sowie Unruhen durch Protestveranstaltungen und Chaoten (73%) für wahrscheinlich. Beide Folgen wurden für die Bevölkerung wahrscheinlicher in den vergangenen Jahren. Erst danach folgen wirtschaftliche Aspekte wie sinkende Werte der Liegenschaften (67%) und Absatzprobleme für Landwirtschaftsprodukte (54%). Auch Attraktivitätsverluste werden mehrheitlich erwartet. Diese vermutet man eher im Freizeit- und Tourismusbereich (61%) als für potenzielle Neuzuzüger:in-nen und/oder Unternehmen (53%). Man sieht im Thema somit durchaus ein Konfliktpotenzial und nimmt ein gewisses Brodeln wahr.

Auch unter den direkt betroffenen Einwohner:innen von Nördlich Lägern herrscht zurzeit eine klare Chancensicht bezüglich Tiefenlager:

Wiederum gehen grosse Mehrheiten davon aus, dass ein Endlager zusätzliche Einnahmen für die Gemeinde (84% sehr/ziemlich wahrscheinlich) und die Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen (79%) bedeutet. Ausserdem geht die hier Bevölkerung auch mehrheitlich davon aus, dass dadurch positive Impulse für das Gewerbe ausgelöst werden und die Infrastruktur im ganzen Gebiet profitieren würde (jeweils 54%). Von den diskutierten möglichen negativen Folgen eines Endlagers schätzen die Einwohner:innen Nördlich Lägerns Spannungen in der betroffenen Bevölkerung (73% sehr/ziemlich wahrscheinlich) sowie Unruhen durch Proteste und Chaot:innen (68%) als durchaus wahrscheinlich ein. Aber auch Attraktivitätsverluste im Freizeitbereich (56%) und für potenzielle Neuzuzüger:innen (53%) sowie konkrete wirtschaftliche Nachteile wie tiefere Liegenschaftswerte (53%) und Absatzprobleme für landwirtschaft-liche Produkte (50%) halten die direkt betroffenen Bewohner:innen Nördlich Lägerns (kanpp) mehrheitlich für wahrscheinlich.

Die Lösung der radioaktiven Abfälle darf durchaus etwas kosten

Knapp zwei Drittel der Bevölkerung halten ein Endlager für eine technische Meisterleistung (64%), auf welche die Schweiz stolz sein kann. Insbesondere sind auch Mehrheiten von der höheren Sicherheit von Tiefenlagern gegenüber Endlagerstätten an der Oberfläche überzeugt (76%). Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist auch grundsätzlich einverstanden damit, dass die Standortregion des Lagers dafür kompensiert wird. So sind 71 Prozent einverstanden mit einer Belohnung, solange dabei nicht übertrieben wird. Auch, dass die Region die Solidarität der ganzen Schweiz verdient, ist unbestritten (60%). Entsprechend sind auch die Einwohner:innen Nördlich Lägerns mehrheitlich der Meinung, dass die Standortregion eines Lagers belohnt werden soll, solange nicht übertrieben wird (64%) und dass sie die Solidarität der ganzen Schweiz verdient hat (62%).

Neben dem Zugeständnis einer hohen Dringlichkeit (86% wollen, dass das Problem der Endlagerung von radioaktiven Abfällen möglichst rasch gelöst wird) sind sich die Einwohner:innen der Schweiz auch weitgehend darin einig, dass es nur fair ist, dass der in der Schweiz produzierte radioaktive Abfall auch in der Schweiz gelagert wird (84% sehr/ziemlich einverstanden). Wobei sich immerhin knapp jede vierte Person grundsätzlich nicht um die Diskussion kümmert, solange das Lager für die radioaktiven Abfälle nicht in ihrer Umgebung gebaut wird (24%). Weiter sieht auch nur eine Minderheit die Lösung der Endlagerung von radioaktivem Abfall als Begründung dafür, nun wieder neue Atomkraftwerke zu bauen (37%).

Mehr im Informationen zur Bevölkerungsbefragung Tiefenlager für radioaktive Abfälle im Auftrag der Nagra finden Sie im Schlussbericht.

Hier geht’s zum Newsbeitrag der Nagra

Eine Übersicht zu den Methodischen Details finden Sie hier


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Urs Bieri

Urs Bieri

Co-Leiter