Nach der Wahl ist vor der Bundesratswahl

22.10.2023 | Martina Mousson, GFS Bern

Das Kandidat:innen-Karussel für den Bundesrat dreht bereits seit dem Frühsommer, nun wird aber noch ein Gang hochgeschaltet. Ging es bisher primär um die Nachfolge Berset, werden nun grundsätzliche Fragen der künftigen Zusammensetzung unserer Landesregierung diskutiert. Der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz rückt mit dem heutigen Wahlergebnis in den Hintergrund.

Unbestritten dürfte der Anspruch der SVP auf ihre 2 Regierungssitze sein. Als die grosse Wahlsiegerin und als weiterhin mit Abstand stärkste Partei scheinen die Sitze von Albert Rösti und Guy Parmelin schwer angreifbar. Auch die zweitstärkste Partei, die SP, behauptet sich. Sie konnte ihren Wähleranteil leicht steigern und hat so grosse Gewinne wie seit 1999 nicht mehr zu verbuchen. Ihren Anspruch auf zwei Sitze im Bundesrat dürfte sie bei der Ersatzwahl von Bundesrat Alain Berset vehement verteidigen.

Spannend wird es aber in der politischen Mitte. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der FDP und Die Mitte zeichnete sich bereits in den Vorumfragen zu den Wahlen 2023 ab – mal lag Die Mitte vorne, mal die FDP. Tatsächlich liegt nun Die Mitte nun gleichauf mit der FDP und dank der Fusion mit der BDP, dem Namenswechsel und dem neuen Ton deutlich vor den Grünen. Ihr langjähriger Abwärtstrend konnte gestoppt werden. Die FDP dagegen hatte nach einem Hoch zur Mitte der Legislatur gegen Ende eher eingebüsst gemäss den Vorumfragen. Der heutige Wahltag zeigt nun, dass die FDP prozentual leicht verliert, und dabei einen Sitz opfern muss. Eine Zeitenwende?

In den nächsten Wochen folgen nun zweite Wahlgänge der Ständeratswahlen. Die Mitte geht gegenüber der FDP mit Vorteilen ins Rennen um die stärkste Fraktion im Ständerat.  Das wird beispielsweise im Kanton Tessin im Kampf um den zweiten Sitz im Ständerat, hinter Marco Chiesa (SVP), für Diskussionsstoff sorgen.

Dass die Regierungszusammensetzung bereits im Dezember wechselt, ist insgesamt sehr unwahrscheinlich, denn einmal gewählte Bundesräte und Bundesrätinnen werden in aller Regel bestätigt. Ein Angriff der Grünen auf den frei werdenden SP-Sitz wäre schwierig zu begründen. Die Mitte steigt gestärkt in die Nachfolgewahl des Bundeskanzlers, was Stabilität bedeutet. Sollte es aber in der laufenden Legislatur zu einem Rücktritt eines FDP-Bundesrates kommen, dürfen wir uns wohl auf eine spannende Wahl einstellen.


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Martina Mousson

Martina Mousson

Projektleiterin