Die «Jungen» in der Nebenrolle: Die Mobilisierung vom Land führte zum CO2-Nein

30.07.2021 | Tobias Keller, GFS Bern

Die Kombination der fünf Vorlagen vom 13. Juni 2021 führte zu einer einzigartigen Dynamik im Abstimmungskampf: Die Mobilisierung von «rechts», von Personen, die dem Bundesrat weniger vertrauen und in ländlichen Regionen, hat nicht nur zu einem klaren Nein bei den beiden Agrar-Initiativen (Trinkwasser- und Pestizidverbot-Initiative), sondern auch zu einem Nein zum CO2-Gesetz geführt. Die Rolle der Jugend beim CO2-Nein muss entsprechend relativiert und differenziert betrachtet werden. Dies zeigen die Daten der VOX-Analyse vom 13. Juni 2021, für die rund 3’000 Stimmbürger:innen befragt wurden.

Am Abstimmungssonntag vom 13. Juni 2021 haben fast 60 Prozent der Stimmbevölkerung ihre Stimme abgegeben. Die Mobilisierung auf dem Land war hoch und stark durch die Solidarisierung mit dem Bauernstand gegen die agrarpolitischen Vorlagen geprägt (siehe: Milic, 2021). Zudem wurden vermehrt Personen mobilisiert, die sich auf einer Links-Rechts-Skala «rechts» respektive «rechtsaussen» verorten, tendenziell dem Bundesrat weniger stark vertrauen, den Bauern hingegen stark vertrauen und für die Preiserwägungen eine zentrale Rolle spielen. Somit wurden nicht nur Personen mobilisiert, die der Bauernschaft sympathisch gegenüberstehen, sondern auch als preissensitiven Mittelstand beschrieben werden können. Da die Preissensitivität bei der Meinungsbildung zum CO2-Gesetz eine wichtige Rolle gespielt hat, wurden also aufgrund der starken Mobilisierung der Agrar-Initiativen auch mehr CO2-Nein-Stimmende mobilisiert. Ein doppeltes Nein bei den Agrar-Initiativen ist auch der beste Prädiktor, um das Ja respektive Nein beim CO2-Gesetz zu erklären. Das Alter spielt in unterschiedlichen mehrfaktoriellen Modellen eine untergeordnete Rolle.

 

Die Jungen und das CO2

Wird dennoch der Fokus auf die Jungen und das CO2-Gesetz gelegt, dann zeigt sich gemäss den VOX-Daten im Aggregat folgendes Bild: Eine Mehrheit von 62 Prozent der 18-29-Jährigen hat Ja zum CO2-Gesetz gesagt. Auch die 30-39-Jährigen stimmten mit 58 Prozent Ja. Die Mehrheit der über 40-Jährigen hingegen sagen mehrheitlich Nein. Und weil der Anteil Stimmenden bei den meisten Abstimmungen, so wie auch am 13. Juni, bei älteren Personen deutlich höher liegt als bei jüngeren, fiel der Entscheid beim CO2-Gesetz gegen die Meinung der Jungen aus. Das Median-Alter der Stimmbeteiligten lag am 13. Juni bei 53 Jahren.

 

Ausnahme: Die Jungen auf dem Land

Es lassen sich aber auch Untergruppen von Personen finden, die nicht dem Mittelwert oder dem Aggregat entsprechen. Eine interessante «Ausnahme» sind die Jungen vom Land: Über fast alle Altersstufen hinweg haben diejenigen «vom Land» Nein zum CO2-Gesetz gesagt. Das Nein der Jüngeren (40% Ja-Anteil bei 20-29-Jährige) ist ähnlich stark ausgeprägt beim CO2-Gesetz wie dasjenige der Älteren (31% Ja-Anteil bei 60-69-Jährige). Dieses Resultat ist ebenfalls im Licht der Mobilisierung der Agrar-Initiativen zu verstehen: Viele Junge vom Land dürften erstmals überhaupt an Abstimmungen teilgenommen haben.

Die VOX-Daten sind ab Mitte August frei zugänglich für alle Interessierten und können via bald bei Swissvotes heruntergeladen werden (in anonymisierter Form). Ein Zugriff für wissenschaftliche Zwecke (in weniger stark anonymisierter Form) wird über das FORS ermöglicht.


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Tobias Keller

Tobias Keller

Projektleiter und Teamleader Data Analytics