AHV-Reform: Ein knappes Ja getrieben von Pragmatismus

26.09.2022 | Lukas Golder, GFS Bern

Die Reform der Altersvorsorge wird hauchdünn angenommen. Die anfänglich komfortable Zustimmung schwand im Laufe des Abstimmungskampfes immer stärker dahin.

Dieser Trend war so in den Vorumfragen angelegt. Losgetreten wurde diese Entwicklung von den Frauen und aus der französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Durch die voraussichtlich überdurchschnittliche und im Verlauf der Abstimmungskampagne angewachsene Mobilisierung, wurde dieser Trend bis zum Schluss noch leicht verstärkt. In den letzte 20 Tagen ist es dem gegnerischen (behördenkritischen) Lager gelungen, der Diskussion verstärkt ihren Stempel aufzudrücken. Im Zentrum stand die Frage der Erhöhung des Frauenrentenalters und das wurde mehr und mehr als einseitige Reform angesehen.

AHV-Vorlagen haben traditionellerweise einen schweren Stand an der Urne. Zwar herrscht weitgehender Konsens über die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs für die Schweiz als Ganzes –  auf individueller Ebene rechnen aber auch alle immer, was eine Reform für das eigene Portemonnaie und die Sicherheit im Alter bedeutet. Das knappe Ja heute ist symbolisch für diese Zweispaltung. Es ist ein pragmatisches „Ja“, kein enthusiastisches. Und: ein gewisses Mass an Misstrauen gegenüber dem Parlament und den nächsten Reformschritten dürfte ebenfalls zum knappen Ausgang beigetragen haben. Schon feine Untertöne werden bei einem solch knappen Resultat relevant: Dass dabei der Ständerat kurz vor der Abstimmung bei der Beratung der BVG-Reform auf die Bremse gestanden ist, dürfte dieses Misstrauen zusätzlich angeheizt haben und den Gegner:innen der Reform in die Hände gespielt haben.

Dass die Zusatzfinanzierung an der Urne besser abgeschnitten hat als die Vorlage zur Reform selber dürfte ein Ausdruck dessen sein, dass die Bevölkerung den Problemdruck in dieser Frage durchaus sieht und auch eine gewisse Zahlungsbereitschaft für eine Sanierung hat – aber auch die Wahrnehmung vorhanden ist, dass diese nicht auf dem Rücken bestimmter Bevölkerungsgruppen (namentlich der Frauen) geschehen soll.


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Lukas Golder

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Co-Leiter